• Nahrung:
In der freien Wildbahn ist beobachtet worden, dass Waldhunde durchaus Tiere angreifen, die bedeutend grösser als sie selbst und überdies recht wehrhaft sind, so zum Beispiel Mazamas (Spiesshirsche) und Nandus (Laufvögel). Dies mag vielleicht auf den ersten Blick etwas unglaubhaft erscheinen, ist aber deshalb moglich, weil die kurzbeinigen Hunde stets in kleinen Familienverbänden von vier bis sechs, manchmal auch bis zehn Tieren jagen und dabei perfekt zusammenarbeiten.
Hauptbeutetiere der Waldhunde sind in ihrer südamerikanischen Heimat jedoch die bis über 60 Kilogramm schweren Capybaras
(Hydrochaeris hydrochaeris) . Die grossen Nagetiere kommen in Südamerika häufig vor, sind gute Schwimmer und nehmen darum oft im Wasser Zuflucht, wenn Gefahr droht. Sind allerdings Waldhunde hinter ihnen her, so nützt ihnen das wenig. Die stämmigen Jäger sind nämlich - im Gegensatz zu den meisten übrigen Wildhunden - hervorragende Schwimmer und Taucher und lassen ihren Opfern auch im Wasser kaum eine Chance.
• Feinde:
Obschon der Waldhund ein angriffslustiges Raubtier ist, fällt auch er gelegentlich einem natürlichen Fressfeind zum Opfer. Jaguar (Panthera onca) , Anaconda (Eunectes murinus) , Kaimane, Alligatoren und Krokodile sowie die Harpyie (Harpia harpyja) und andere grosse Adler sind durchaus in der Lage, einen Waldhund zu erbeuten.
Für die Art als Ganzes stellen solche natürlichen Fressfeinde keine schwerwiegende Gefährdung dar, denn wie bei allen Tierarten werden auch beim Waldhund die unfallbedingten Ausfälle über die Nachzuchtrate wettgemacht. Und doch ist die Zukunft des Waldhunds keineswegs gesichert, denn auf einen «unnatürlichen» Feind und Störenfried hat sich der kurzbeinige Wildhund nicht rasch genug einzurichten vermocht: den Menschen.
Da ist zum einen die direkte Verfolgung des Waldhunds durch den Menschen: Zwar wird der kleinwüchsige Hund nirgendwo gezielt bejagt, doch fällt er immer wieder Jägern zum Opfer, deren Weg er zufällig kreuzt. Welpen fallen mitunter Jagdhunden zum Opfer, die in ihren Bau eindringen und sie totbeissen. Und hin und wieder werden junge Waldhunde auch vom Menschen gefangen und in die Dörfer mitgenommen, wo sie als Spielgefährten der Kinder aufwachsen.
Bedeutend schwerwiegender ist demgegenüber die Gefährdung des Waldhunds durch die menschgemachte Veränderung oder gar Zerstörung seines natürlichen Lebensraums. Diese findet in immer rasanterem Tempo statt, da überall in Südamerika die rasch anwachsende Bevölkerung immer mehr Land für ihre Siedlungen, ihre landwirtschaftlichen Kulturen und ihr Vieh benötigt und zu diesem Zweck die Natur immer weiter zurückdrängt. Das bedeutet für den Waldhund nicht nur einen direkten Verlust an Lebensraum. Auch indirekt verliert er dabei an Boden: Da er menschlichen Störungen gegenüber ziemlich unverträglich ist, verschwindet er auch aus der näheren Umgebung besiedelter und kultivierter Gebiete im allgemeinen rasch und unbemerkt.
In Kolumbien und Peru ist der Waldhund heute dermassen selten, dass die ansässige Bevolkerung keinen Namen für ihn hat. Als sehr selten wird er in Panama, Ecuador, Venezuela und Bolivien eingestuft. In Guyana, Surinam, Französisch Guyana und Brasilien gilt er als selten, scheint aber immerhin noch recht weit verbreitet zu sein. Langfristig, darüber besteht kein Zweifel, wird das Überleben des Waldhunds davon abhängen, ob innerhalb seines Verbreitungsgebiets rechtzeitig genügend grosse und vielfältige Naturlandschaften unter Schutz gestellt werden und in ihrer Ursprünglichkeit erhalten bleiben. Bestrebungen dieser Art, die ja nicht allein dem Waldhund zugute kommen, sondern mit ihm der gesamten, einzigartigen Flora und Fauna Südamerikas, unterstützt der Welt Natur Fonds (WWF) seit über zwanzig Jahren in vielen südamerikanischen Ländern mit grossem personellem und finanziellem Aufwand.